Der Souq ist Herz und Motor einer orientalischen Stadt, sagt man. Auf den Souq von Assuan trifft dies zweifelsohne zu. Da feilschen und preisen die Händler in orientalischer Manier ihre Waren an, da nutzen die Fellachen, die Bauern vom Lande, jedes freibleibende Stückchen Bürgersteig, um Gemüse und Obst feilzubieten, bahnen sich Eselskarren und laut hupende Taxen ihren Weg durch die engen, übervollen Gassen; da prüfen Hausfrauen abwägend die Waren, während ihre Männer in den Teehäusern bei einer Shisha (Wasserpfeife) das tagespolitische Geschehen erörtern und über allem weht der Klang von orientalischer Musik, die lautstark aus jedem zweiten Restaurant dringt und sich ab und an mit dem Ruf des Muezzins mischt.
Ein Stückchen weiter, an der Corniche ändert sich das Bild dann schlagartig. Vor dem grandiosen Panorama der Gräber der Adligen, die vor knapp 4.000 Jahren an der anderen Uferseite des Nils begraben wurden, leuchten die weißen Segel der Feluken, der traditionellen ägyptischen Dreieckssegler, auf dem wunderbar blauen Wasser des Nils. Unzählige Cafés und Restaurants laden zum Verweilen ein und ein wenig spürt man noch von der Atmosphäre vergangener Tage, als Assuan mit seinem gemäßigten, sonnigen Klima ein beliebter Winterkurort der vornehmen, englischen Gesellschaft war. Lord Kitchener, der gerade den Sudan für Großbritannien zurückerobert hatte, verbrachte hier seine freien Stunden.
Agatha Christie schrieb auf der Terrasse des Old Cataract Hotels ihr Buch Tod auf dem Nil und auch Ernest Hemingway und Rudyard Kipling ließen sich hier inspirieren. In ihrer langen wechselvollen Geschichte, die bis weit zurück in das Alte Reich geht, erlebte die Stadt Assuan viele unterschiedliche Kulturen. Ägypter, Griechen, Perser und Römer, sie alle haben in und um Assuan eine Vielzahl von Baudenkmälern hinterlassen, die Dank des hier herrschenden trockenen Klimas zum größten Teil noch außerordentlich gut erhalten sind und den Touristen vor die Qual der Wahl stellen.