Das älteste Kloster der Christenheit hat eine enge Beziehung zu Kindern. Die Geschichte, die zur Gründung des Klosters geführt hat, spricht für sich: Katharina hieß ein kleines Mädchen, das im Alexandria des 4. Jahrhunderts den Märtyrertod starb. Bei ihrer Enthauptung soll Milch statt Blut geflossen sein - was die Engel veranlasste, ihren Körper auf den Sinai zu verbringen. Dort, so sagt man, wurde er von Mönchen gefunden und in einer eigens errichteten kleinen Kapelle bestattet.
In unserer Zeit ist die aus dem 6. Jahrhundert stammende (griechisch-orthodoxe) Kloster- Anlage noch immer ein Ort der Einkehr und Besinnung für die ganze Christenheit, aber auch ein beliebtes Ausflugsziel für Normaltouristen. Und damit kommen wieder die Kinder ins Spiel: Diesmal sind es jedoch Beduinenkinder, die gelernt haben, die Lage des Klosterbaus - in einem engen Talkessel - geschickt für sich zu nutzen.
Um den gesamten Komplex auf´s Bild zu bekommen, müssen die Besucher nämlich den steilen Gegenhang erklimmen. Und dort lauern sie! Stechen - sozusagen im Bahnneigungsflug - genau zu jenem haarscharf berechneten Zeitpunkt auf das sich soeben erschöpft auf seinen ersten Schnappschuss konzentrierende Opfer herab, strahlen es aus großen, dunklen Kinderaugen an und stoßen plötzlich die Worte hervor Karamila (Bonbon), Karamila. Gleichzeit schießt die geöffnete Handfläche nach vorne. Zückt der überraschte Tourist nicht sofort seine Geldbörse, tritt ein interessantes Phänomen ein.
Der Star unter den Performancekünstlern dürfte dabei wohl ein etwa 4-jähriges Mädchen sein. Innerhalb weniger Zehntelsekunden, beginnt ihr Gesicht plötzlich in Weinkrämpfen zu zucken, deren zunehmende Lautstärke bald die Aufmerksamkeit aller Umstehenden auf sich gezogen hat. Natürlich sitzt jetzt die Börse lockerer; rasch ist das verlangte Pfund zur Hand - und wieder geschieht ein Wunder: Ebenso schnell wie gekommen, verziehen sich nun die Tränen und mit einem Aufschrei des Triumphs, wendet sich die Kleine um und steigt wieder zu ihren weiter oben wartenden Freunden auf. Um die nachfolgende Konversation der Kinder zu verstehen, sind keine Arabischkenntnisse von Nöten - Tonfall und Mienenspiel sagen alles: Wieder einer, der drauf reingefallen ist, und hat gar nicht lange gedauert. St. Katharina hat also nicht nur für Gläubige und Naturliebhaber viel zu bieten, auch Freunde der Schauspielerei und des Theaters kommen so auf ihre Kosten!